Hokus-Pokus-Hypnosibus: Heilung durch Hypnose
Messungen am Universitätsspital von Lüttich haben gezeigt, dass sich Schmerzen im Wachzustand und unter Hypnose völlig anders verhalten. Die Regionen, die im Wachzustand reagieren, sind unter Hypnose nicht mehr aktiv. Das Gehirn schafft es, Informationen zu manipulieren, und kann so Schmerzen aus der Wahrnehmung verdrängen. Dies kann bei chronischen Schmerzen, bei Angstzuständen, bei Depressionen oder beim Loswerden von lästigen Gewohnheiten funktionieren.
Der Tempelschlaf – ein uraltes Verfahren
Die ersten erfolgreichen Hypnosetherapien gehen bis zu den Sumerern, 4000 v. Chr., zurück. Etwa 2500 Jahre später dürfte der älteste Text über eine Hypnose aus der Schriftrolle «Papyrus Eber» stammen. Die Ägypter sprachen damals vom «Tempelschlaf». Eine der eindrücklichsten Entdeckungen der Neuzeit machte dann Dr. James Esdaile. Er bemerkte bei Operationen in Kalkutta den Zustand vom hypnotischen Koma, welcher sich durch eine absolute Schmerzfreiheit des Körpers auszeichnet. Dort führte er über 300 Operationen unter Hypnose durch, unter anderem auch Amputationen, welche zuvor unter vollem Bewusstsein und schlimmsten Schmerzen durchgeführt wurden. Doch dann kam die Chemie. 1846 wurde zum ersten Mal das narkotisierende Potenzial von Ether entdeckt und angewandt. Schnell wurde die Hypnose von der Narkose abgelöst und an den medizinischen Rand gedrängt.
Hypnose und Narkose in der Schweiz
Eine Narkose bedeutet immer ein grosses Risiko für den Patienten. Seit einiger Zeit werden deshalb die Möglichkeiten von Hypnose wieder als Alternative erforscht und bereits erfolgreich angewendet:
Das Universitätsspital in Genf hat sich seit Anfang dieses Jahres zum Ziel gesetzt, rund 4000 Mitarbeiter in den Grundtechniken der Hypnose auszubilden. Dieses Wissen soll etwa beim Spritzen geben oder beim Wundennähen helfen. Doch funktioniert Hypnose auch bei grösseren Operationen? Christian Schiermayer liess sich 2018 unter Hypnose und ohne Narkosemittel eine Metallplatte aus seiner zuvor gebrochenen Hand entfernen. Dafür versetzte er sich mithilfe eines Coachings an einen völlig anderen, ihm wohlgesonnenen Ort. So schaffte er es, den Schmerz auszublenden.
Kindern sprechen besonders gut auf Hypnose an
Kinder besitzen oftmals eine lebendigere Fantasie als Erwachsene. Sie sind viel schneller in ihrer eigenen Welt, während die Herangehensweise von Erwachsenen eher auf einer rationaleren und analytischeren Art stattfinden.
So funktioniert Hypnose
Bei der Hypnose gibt es vier Phasen: Einleitung, Vertiefung, Hauptteil und Rücknahme. Eine wichtige Grundregel ist, dass der Hypnotiseur Worte und Sätze stets positiv formuliert. Daher kommen Wörter wie «Geborgenheit» oder «Sicherheit» in der Hypnose sehr häufig vor.
- Einleitung: Der Hypnotiseur leitet den Zustand einer Trance ein, indem er den Patienten sich etwas vorstellen lässt. Er achtet dabei auf die richtige Stimmführung. Was er in dieser Phase sagt, klingt ähnlich wie Meditation: «Sie sind ruhig und entspannt», oder «Sie spüren den Kontakt zur Unterlage, auf der Sie liegen.»
- Vertiefung: Ist der Patient in Trance, wird er noch tiefer und intensiver hineingeleitet. Muskelspannung, Atemfrequenz und Puls zeigen, wie tief der Trancezustand ist. Die Hypnose fühlt sich an wie einen Traum, den man für real hält. Befindet sich der Patient in Gedanken etwa auf einem Schiff, kann er die Wellenbewegungen wirklich spüren. Dies deckt sich mit funktionellen Hirnbildern: In diesem Zustand ist die Hirnregion für die Raumwahrnehmung sehr aktiv.
- Hauptteil: Jetzt kann der Hypnotiseur zum Beispiel das Schmerzempfinden des Patienten therapeutisch beeinflussen. Der Patient beschreibt seinen Schmerz etwa mit einer Farbe, und zwar haargenau: beispielsweise ultramarinblau. Patienten sollen z. B. die Farbe wechseln und darauf achten, ob sich etwas am Schmerz verändert. Auf diese Weise kann er mit dem Schmerz des Patienten arbeiten und ihn unter Umständen eliminieren.
- Rücknahme: Jetzt nähert sich das Bewusstsein wieder dem Wachzustand – ein besonders wichtiger Teil. Denn der Hypnotiseur muss erkennen, ob der Patient tatsächlich wieder wach ist.